Gelnhausen (jol). Wenn ein Förderverein seinen Zweck mit einer Spendensumme von 250 000 Euro erfüllt, ist das etwas Besonderes. Wenn es innerhalb von zehn Jahren passiert, ist es außergewöhnlich. So hatte der Verein „Barbarossakinder – pro Kinderklinik Gelnhausen“ am Donnerstagabend zum zehnjährigen Bestehen einen sehr guten Grund zum Feiern, aber auch, um nach vorne zu blicken. Vor dem Großprojekt Dachterrassen beschenkte sich der Verein selbst mit dem mitreißenden Lied „Hand in Hand“.
„Eure Hilfe strahlt in vielen bunten Farben, an Eurer Seite fühlen wir uns nicht allein, wie starke Arme, die uns wärmen und uns tragen, Ihr baut Brücken und reißt Grenzen für uns ein“, bringt der Refrain es auf den Punkt. In den ersten zehn Jahren haben die „Barbarossakinder“ in der Gelnhäuser Kinderklinik besondere Spuren hinterlassen. Dabei geht es nicht nur um technische Geräte, Einrichtung oder die kinderfreundliche Gestaltung der Räume, sondern auch um ein Netzwerk, das mit Engagement, Herzensgüte und Emotion immer mehr Menschen für sich begeistert. An der Spitze steht die Vorsitzende Bettina Büdel, die mit Christine Jessl, Regina Günther und Ole Schön aktuell Mitstreiter an der Seite hat, die sich perfekt ergänzen und dafür sorgen, dass die Barbarossakinder deutlich mehr sind als die Summe ihrer Teile.
Gelnhausen (mb). Vor zehn Jahren schlossen sich 18 Eltern zusammen, um einen Förderverein für die Gelnhäuser Kinderklinik aus der Taufe zu heben. Eine der Hauptinitiatorinnen war damals Bettina Büdel. Anlässlich des Jubiläums sprach die GNZ mit der ersten und bislang einzigen Vorsitzenden der „Barbarossakinder – pro Kinderklinik Gelnhausen e. V.“.
Das GNZ-Gespräch
GNZ: Die „Barbarossakinder“ haben am Donnerstag ihren zehnten Geburtstag gefeiert. Frau Büdel, wie kamen Sie und ihre Mitstreiter damals auf die Idee, einen solchen Verein zu gründen?
Bettina Büdel: Die Idee für den Förderverein entstand nach einer stationären Behandlung unseres Sohnes in der Kinderklinik. Mein Mann kam damals ins Gespräch mit Chefarzt Dr. Hans-Ulrich Rhodius, der eindrücklich die schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen einer Kinderklinik schilderte. Wir waren mit der medizinischen und pflegerischen Leistung sehr zufrieden, deshalb war uns sehr schnell klar, dass wir etwas tun wollten. Gemeinsam mit Dr. Rhodius und Oberärztin Dr. Sabine Wenzel wurde der Kontakt zu anderen Eltern hergestellt. Und nach etwa einem Jahr Vorbereitungszeit gründeten wir gemeinsam die „Barbarossakinder“.
Was sind die vorrangigen Probleme einer Kinderklinik und wie kann ein Förderverein bei diesen He- rausforderungen helfen? Warum braucht eine Kinderklinik überhaupt Unterstützung?
Eine Kinderklinik hat nur ein sehr begrenztes Budget, deshalb kommt es immer wieder zu Engpässen, sei es bei der Ausstattung, der Gestaltung von Räumen oder bei der Anschaffung von modernen medizinischen Geräten. Zum Beispiel gab es früher nur ein Ultraschallgerät, das dann mühsam zwischen den Stationen hin- und hertransportiert werden musste. Wir haben uns als För- derverein dafür eingesetzt, ein zweites Gerät für 30 000 Euro anzuschaffen. Ein anderes Beispiel sind die moderne Gestaltung des Wartebereiches und die Ausstattung der Spielzimmer, die früher nicht so ausreichend war.
Die Zielsetzung des Fördervereins ist es, die Zukunftsfähigkeit der Kinderklinik zu sichern. Bislang ist Ihnen das doch ganz gut gelungen, oder?
Der Ausbau der Kinderintensivstation und die Erweiterung der Kindernotfallambulanz sind ganz wichtige Punkte gewesen. Und durch die Verbesserung der räumlichen Situation in der Kinderklinik haben sich auch die Arbeitsbedingungen für das Personal verbessert, die Attraktivität des Arbeitsplatzes ist gestiegen. Die Erweiterung hat für sehr viel Entspannung bei den Eltern gesorgt, nachdem die vorherige räumliche Enge oftmals mitverantwortlich für Aggressionen gegenüber Ärzten und Krankenschwestern war.
Mit dem Namen „Barbarossakinder“ sollte der Bezug zum Klinikstandort Gelnhausen ausgedrückt werden. Daran angelehnt ist vermutlich auch das Vereinslogo. Hat die Krone, die von drei verschiedenfarbigen Figuren getragen wird, darüber hinaus eine Bedeu- tung?
Das Logo spielt auf Kaiser Barbarossa an. Das rote Menschlein steht für das Herz, für das Leben und die Liebe zu den Kindern, deren Leben geschützt werden soll. Das grüne steht für die Hoffnung, dass die Menschen uns auch weiterhin so toll unterstützen. Und das blaue steht für Sauerstoff, weil wir einen langen Atem brauchen werden für unsere Arbeit. Gemeinsam tragen die drei die Krone Barbarossas – ein Symbol dafür, dass wir gemeinsam etwas bewirken wollen.
Die Barbarossakinder haben damals mit 18 Eltern begonnen. Wie viele Mitglieder zählt der Verein aktuell?
Insgesamt haben wir aktuell mehr als 60 Mitglieder, davon sind eine Reihe Fördermitglieder, die im Jahr mindestens 250 Euro spenden. Mitglieder zahlen im Monat seit der Gründung 2 Euro. Wir haben dabei bewusst auf eine Anpassung verzichtet, weil wir jeden mitnehmen wollen, der uns unterstützen möchte.
Seit zehn Jahren unterstützt Ihr Verein nun schon die Kinderklinik. Wissen Sie, welche Summe die Barbarossakinder in dieser Zeit insgesamt für Anschaffungen und Projekte der Kinderklinik zugeschossen hat?
Wir haben in dieser Zeit insge- samt Investitionen von mehr als 250 000 Euro getätigt, die wir satzungsgerecht mitbegleitet haben. Alles Projekte, bei denen das Budget der Kinderklinik nicht ausgereicht hätte.
Ist Ihnen aus dieser Zeit ein Projekt oder ein Erlebnis besonders in Erinnerung geblieben?
Da muss ich an das Jahr 2016 denken, als die Kindernotfallambulanz geschlossen werden sollte. Der damalige Landrat Erich Pipa sowie alle Verantwortlichen des Main-Kinzig-Kreises haben sich sehr für den Erhalt eingesetzt. Es war sehr schön zu sehen, dass man gemeinsam eine gewichtige Stimme haben kann.
Und fällt Ihnen noch ein außergewöhnliches Projekt ein?
Die Anschaffung der Frühchen- Simulatorpuppe Paul. Nur durch die Zusammenarbeit mit der Kinderhilfestiftung Frankfurt und unser gemeinsames Engagement wurde es möglich, dieses Projekt umzusetzen. Dank zahlreicher gesammelter Spenden von beiden Vereinen konnten wir gemeinsam die Investition von 50 000 Euro stemmen und Paul an das Universitätsklinikum Frankfurt und die Main-Kinzig- Kliniken Gelnhausen übergeben.
Ein kindgerechter und kreativer Umbau der zwei Dachterrassen der Kinderklinik ist das aktuellste Projekt. Warum ist das aus Ihrer Sicht so wichtig?
Die Dachterrassen sind marode, Kinder kann man dort nicht mehr spielen lassen. Zudem sind sie auch nicht mehr zeitgemäß. Die Pandemie hat aber gezeigt, wie wichtig Freiraum ist und zur Aufhellung des Gemüts beitragen kann. Und für das Personal ist eine schöne Dachterrasse auch entspannend.
Wie viel Geld wird für das Projekt benötigt und welche Summe hat der Verein bereits eingesammelt?
Die Begeisterung in der Bevölkerung für das Projekt ist riesig: Unser Spendenbarometer zeigt knapp 110 000 Euro an. Die Klinik wird noch ihren Beitrag dazu leisten, und dann können wir beide Dachterrassen umgestalten.
Sie sind bereits seit zehn Jahren Vorsitzende der Barbarossakinder, also unterstelle ich einmal, dass Ihnen dieses Ehrenamt durchaus Freude bereitet. Was ist das Besondere an Ihrer Aufgabe und was macht Ihnen daran so viel Spaß?
Durch den Verlust unseres ersten Sohnes haben wir als Familie beschlossen, in der Region, in der wir leben, etwas Gutes zu tun. Wir haben durch diesen Schicksalsschlag viel Erfahrung und Einblick in den Krankenhausalltag bekommen. Mein Antrieb, mich für die Kinder der Region und das Krankenhaus einzubringen, ist, Dankbarkeit und Respekt zu zeigen gegenüber den Ärzten und dem Pflegepersonal, die täglich ihr Bestes geben. Leuchtende Kinderaugen und ein dankbarer Händedruck sind unendlich wichtig in dieser Zeit. Vorangehen und
Dinge bewegen, nicht wegsehen und nicht weghören, sondern sich einbringen und engagieren – deshalb machen wir eine Zeitspende, um zu zeigen, wie wichtig es ist, Hand in Hand anzupacken und eine Idee umzusetzen.
In 15 Jahren steht das nächste Jubiläum an. Wenn Sie einen Wunsch für die Kinderklinik frei hätten, wie würde er lauten? Und werden Sie dann noch immer Vorsitzende sein?
Mein größter Wunsch wäre, dass immer wieder Menschen und Unternehmen bereit sein werden, sich für die Kinderklinik einzusetzen. Ich werde dann ganz sicher nicht mehr Vorsitzende sein, dann wäre ich ja schon 70. Ich hätte längst für einen jüngeren Nachfolger Platz gemacht, in dem Wissen, dass neue Impulse guttun. Verbunden mit der Hoffnung, dass derjenige das Amt mit ebenso viel Herzblut und Freude ausführt und ebenso freunschaftlich und vertrauensvoll mit den Ärzten und dem Personal zusammenarbeitet.
Quelle: Gelnhäuser Neue Zeitung, 8. und 9. Juli 2022, Gelnhausen.
Fotos: Gruppenfoto Vorstand mit Herrn Bartsch, Herrn Stolz und Herrn Dr. Rhodius und Hühner auf Tisch, Herr Ludwig, GNZ; alle anderen Fotos: Daniel Bös, Kommunikationsabteilung Main-Kinzig-Kliniken Gelnhausen.
Außerdem auf den Fotos zu sehen: Silke Knoll mit kleinem Chor beim Vortragen des Barbarossakinder-Songs, der anlässlich des 10jährigen Jubiläums von ihr zusammen mit Andy Ost geschrieben wurde.
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